Nachbericht: 6. Elektronikforum OWL
16.01.2020
Am 16.01.2020 fand das sechste Treffen des Elektronikforums OWL statt. Gastgeber waren Carsten Fischer (Geschäftsführer) und Georg Schnittker (Entwicklung) von der Stührenberg GmbH aus Detmold
Die Stührenberg GmbH wurde 1962 gegründet und hat aktuell 150 Mitarbeiter an 4 Hauptstandorten (Detmold, Berlin, Gera, Augsburg). Vom Stammsitz in Detmold aus wird gemeinsam mit den Niederlassungen und Servicestützpunkten modernste Straßenverkehrstechnik angeboten.
Dabei reicht die Produktpalette von Steuergeräten über eine selbst entwickelte Signalgeberreihe und innovative LED-Beleuchtungstechnik bis zum modularen Verkehrsrechnersystem für die Steuerung und Überwachung von Lichtsignalanlagen. Daneben profitieren Kunden von einem umfangreichen Serviceangebot. Dazu zählen die fachgerechte Montage, die regelmäßige Wartung von Produkten und Systemen sowie die maßgeschneiderte Projektierung und Weiterentwicklung kundenorientierter Lösungen.
Das Thema Nachhaltigkeit sowie erste Ansätze zur zirkulären Wertschöpfung haben bei der Stührenberg GmbH bereits eine längere Tradition und einen hohen Stellenwert.
Ein Beispiel für das nachhaltige Geschäftskonzept ist die aktive Rücknahme mit Wiederaufbereitung und Wiederverwendung von Geräten und Komponenten. Von Vorteil ist dabei, dass ein Großteil der von Stührenberg errichteten Anlagen, auch von Stührenberg gewartet wird.
Weiter wird die neu entwickelte Signalgeberreihe nur aus recycelten Materialien hergestellt.
Durch eine eigene Photovoltaikanlage wird zudem ein Großteil des Energiebedarfs abgedeckt.
So wird in besonders hohem Maße zur Ressourcenschonung und Umweltschutz beigetragen.
Weitere Themen des Nachmittags waren das kollaborative sowie das autonome Fahren. Vernetzung ist wie Elektromobilität und Automatisierung ein Zukunftsthema der Automobilindustrie. Neben Internetanwendungen für Fahrer und Passagiere versteht man darunter das Internet der Dinge – Fahrzeuge und Straßen tauschen Daten aus, stimmen sich ab und machen den Verkehr sicherer sowie effizienter und komfortabler.
Kooperative Verkehrssysteme bauen auf der Idee auf, dass Verkehrsteilnehmer / Fahrzeuge / Infra-strukturelemente nicht nur passiv von menschlichen Sinnen oder Fahrzeugsensoren erfasst werden, sondern aktiv Informationen zwischen Fahrzeugen und/oder Infrastruktur-elementen als digital kodierte Datentelegramme austauschen.
Cooperative Awareness Message (CAM) enthalten periodisch versandte Mitteilungen und Statusinformationen zu Zeit, Position und Bewegungszustand und Attributen, wie z.B. der Fahrzeug-Typ. Jeder Teilnehmer ist über andere Teilnehmer informiert, die sich im Funkbereich befinden. Fahrzeuge können eigenständig mögliche Kollisionen erkennen. Für die Lichtsignalanlagen (LSA) sind dies zusätzliche Verkehrsdaten, die aber auch die klassische Detektion ersetzen können. Erweiterungen für eine ÖPNV-Beschleunigung sind ebenfalls berücksichtigt.
Über Statusinformationen können einzelne Fahrzeuge mit verschiedenen Daten abgebildet werden wie beispielsweise Datum und Uhrzeit, Position, Geschwindigkeit / Richtung, Fahrzeugtyp sowie die Rolle (Krankenwagen, etc.).
Über aggregierte Werte können verbindungsbezogene Durchschnittswerte abgebildet werden wie beispielsweise Durchschnittsgeschwindigkeit, Wartezeit, Anzahl der Halte sowie die Zahl der wartenden Fahrzeuge (Nutzung der nächsten Grünphase).
Diese Daten werden im Roadside Unit (RSU) bzw. im Steuergerät aufbereitet. Über Priorisierungen können der ÖPNV und Einsatzfahrzeuge gezielt unterstützt werden.
Eine Decentralized Environmental Notification Message (DENM) enthält Informationen / Ereignisse, die die Verkehrssicherheit oder die Verkehrssituation beeinträchtigen. Ziel ist es Verkehrsteilnehmer vor bestimmten Situationen zu warnen. Charakterisiert wird ein Ereignis durch die Art (was für eine Gefahr ist aufgetreten), die Position (wo besteht die Gefahr), der Auftrittszeit (seit wann besteht die Situation) und der abgeschätzten Zeitspanne, in der das Ereignis anhält. Beispiele sind Signalisierung von Bremsvorgängen, Glatteis, Unfällen sowie Baustellen.
Signal Phase and Time (SPaT) Nachrichten werden periodisch von Lichtsignalanlagen ausgesendet. Dabei handelt es sich um momentane und zukünftige Signalzustände und prognostizierte Umschaltzeiten. Diese können in den Fahrzeugen für die Anzeige von Empfehlungen genutzt werden (z.B. Annäherungsgeschwindigkeit an eine LSA). Zu beachten ist, dass sicherheitsrelevante Mechanismen derzeit nicht standardisiert sind.
Ein kooperatives System für kritische Verkehrssicherheits-Anwendungen benötigt digitale Karten (Topology Specification). Diese georeferenzierten Karten werden periodisch von Lichtsignalanlagen ausgesendet und beinhalten beispielsweise Fahrspuren, Bordsteine, Fußgängerüberwege, Fahrradwege, Signale einer LSA und Verkehrsschilder. Dafür ist es wichtig, dass Prozesse eingeführt werden, die sicherstellen, dass alle Änderungen an der Topologie (Baustellen, ...) digital erfasst werden und auch an die betroffenen Teilnehmer im Netzwerk inkl. der Verkehrsteilnehmer verteilt werden.
Automatisiertes Fahren
Die Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation (V2X) ist der Beginn einer Entwicklung hin zu automatisierten und völlig autonomen Fahrzeugen. Dabei werden die höchsten Sicherheitswirkungen erzielt, wenn unmittelbar bevorstehende Kollisionen mit Gegen- oder Querverkehr verhindert werden können. Dazu muss das Fahrzeug selbständig mit einem automatisierten Eingriff in Lenkung und Bremse reagieren.
Es werden 5 Stufen der Fahrautomatisierung unterschieden
Stufe 0: Fahren ohne automatisierte Fahrfunktion
Stufe 1: Assistiertes Fahren
Stufe 2: Teilautomatisiertes Fahren
Stufe 3: Hochautomatisiertes Fahren
Stufe 4: Vollautomatisiertes Fahren
Stufe 5: Fahrerloses Fahren (en: Full Automation)
Stufe 1: Assistiertes Fahren (en: Driver assistance)
Fahrbetrieb, bei dem mithilfe von Informationen aus dem Fahrzeugumfeld ein Fahrerassistenzsystem in spezifischen Anwendungsfällen entweder die Querführung (Lenken) oder die Längsführung (Geschwindigkeit halten, erhöhen/reduzieren) für das Fahrzeug übernimmt, während der Fahrer die jeweils andere Funktion und die übrigen Fahraufgaben ausführt
Stufe 2: Teilautomatisiertes Fahren (en: Partial Automation)
Fahrbetrieb, bei dem mithilfe von Informationen aus dem Fahrzeugumfeld ein oder mehrere Fahrerassistenzsysteme in spezifischen Anwendungsfällen die Querführung und die Längsführung übernehmen, während der Fahrer die übrigen Fahraufgaben ausführt
Stufe 3: Hochautomatisiertes Fahren: (en: Conditional Automation)
Fahrbetrieb, bei dem das automatisierte System in spezifischen Anwendungsfällen alle Funktionen zur Erfüllung der Fahraufgabe übernimmt, jedoch der Fahrer jederzeit in der Lage sein muss, nach Aufforderung durch das System mit einer gewissen Zeitreserve die Fahraufgabe wieder zu übernehmen
Stufe 4: Vollautomatisiertes Fahren (en: High Automation)
Fahrbetrieb, bei dem das automatisierte System in spezifischen Anwendungsfällen alle Funktionen zur Erfüllung der Fahraufgabe übernimmt und alle Situationen automatisch bewältigen kann, auch wenn der Fahrer einer Aufforderung zur Übernahme der Fahraufgabe nicht mit angemessener Zeitreserve nachkommt
Stufe 5: Fahrerloses Fahren (en: Full Automation)
Fahrbetrieb, bei dem das automatisierte System während der ganzen Fahrt vollumfänglich die Fahraufgabe auf allen Straßentypen und unter allen Umweltbedingungen übernimmt
Es gibt rechtliche Voraussetzungen für das Autonome Fahren. Nach § 1a Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz) ist der Betrieb eines Kraftfahrzeugs „mittels hoch- oder vollautomatisierter Fahrfunktion“ grundsätzlich zulässig, wenn die Funktion bestimmungsgemäß verwendet wird. Der Fahrer darf sich während des Betriebs dieser Fahrfunktion vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden. Er muss aber „wahrnehmungsbereit“ bleiben, so dass er die Fahrzeugsteuerung unverzüglich übernehmen kann, wenn ihn das System dazu auffordert.
Technische Vorrausetzungen für das Autonome Fahren sind das sichere Erkennen der aktuellen Verkehrssituation und der Signale der Straßenverkehrssignalanlage. Problematisch ist, dass es aktuell rechtsverbindliche optische Signale sowie nicht rechtsverbindliche Signale über die Fahrzeuginfrastrukturkommunikation gibt. Hier muss es zukünftig funktional sichere Schnittstellen zwischen Straßenverkehrssignalanlage und Verkehrsteilnehmern geben. Dabei wird die RSU (Road Side Unit) zur sicherheitsrelevanten Komponente einer Straßenverkehrssignalanlage.
Klassisch findet bislang eine Kommunikation nur auf Verkehrssteuerungsebene und Verkehrsmanagementebene statt. Neue Technologien im Fahrzeug (V2X) ermöglichen die Kommunikation zwischen Infrastruktur, Verkehrssteuerung und Verkehrsteilnehmern. Dabei findet eine Kommunikation über direkte Funkverbindung mit den Fahrzeugen über den speziellen WLAN Standard IEEE802.11p statt. Das Ziel ist eine nachhaltige Verbesserung der Verkehrssteuerung durch eine Erhöhung der Sicherheit sowie eine Optimierung der Verkehrssteuerung (Umweltschutz).
Das Elektronikforum OWL ist Bestandteil von CirQuality OWL und wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie vom Land NRW gefördert. Die Teilnahme ist kostenfrei.