Nachbericht: 12. Elektronikforum OWL

25.10.2021

Das 12. Treffen des Elektronikforums OWL fand in kleiner Runde am 25.10.2021 im CITEC der Universität Bielefeld statt. 

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Rückert, Leiter der AG Kognitronik & Sensorik sowie Dr.-Ing. Marc Hesse und Jens Hagemeyer gaben einen Überblick zu aktuellen Entwicklungen und Projekte im Elektronikbereich. 

VEDLIoT - a Very Efficient Deep Learning IoT platform
Die ständig steigende Leistung von Computersystemen im Allgemeinen und IoT-Systemen im Besonderen ermöglicht es, immer anspruchsvollere Probleme zu lösen, die Automatisierung voranzutreiben und so die Qualität unseres Lebens zu verbessern. Daraus ergibt sich der Bedarf an einer IoT-Architektur der nächsten Generation, die die Nachfrage in Schlüsselsektoren wie dem Transportwesen (z. B. selbstfahrende Autos), der Industrie (z. B. Robotisierung oder vorausschauende Wartung) und unserem Zuhause (z. B. betreutes Wohnen) befriedigt. Solche Anwendungen erfordern den Aufbau von Systemen mit enormer Komplexität, so dass herkömmliche Ansätze zu versagen beginnen. Die Menge der gesammelten und verarbeiteten Daten ist riesig, die erforderliche Rechenleistung ist sehr hoch und die Algorithmen sind zu komplex, um Lösungen innerhalb der knappen Zeitvorgaben berechnen zu können. Darüber hinaus werden Sicherheit, Datenschutz und Robustheit solcher Systeme zu einer entscheidenden Herausforderung. Anstelle traditioneller Algorithmen werden künstliche Intelligenz (KI) und Deep Learning (DL) eingesetzt, um die hohe Komplexität zu bewältigen. Aufgrund des verteilten Ansatzes ermöglicht VEDLIoT die Aufteilung der Anwendung in kleinere und effizientere Komponenten, die dann in großen kollaborativen Systemen im Internet der Dinge (IoT) zusammenarbeiten und KI-basierte Algorithmen ermöglichen, die über IoT-Geräte von der Edge bis zur Cloud verteilt sind.
vedliot.eu/project-summary/

Hier wird es zu Beginn des nächstens Jahres einen Projektaufruf geben, an dem sich Unternehmen beteiligen können: vedliot.eu/use-cases/open-call/
Ansprechpartner ist Jens Hagemeyer.

eProcessor 
Dieses Projekt zielt darauf ab, einen neuen Open-Source Out-of-Order-Prozessor zu entwickeln und das erste vollständig europäische Full-Stack-Ökosystem zu schaffen, welches auf einer RISC-V-CPU basiert. Die eProzessor-Technologie wird energieeffizient (geringer Stromverbrauch), skalierbar (hohe Leistung), für HPC- und eingebettete Anwendungen geeignet und erweiterbar (einfaches Hinzufügen von On-Chip- und/oder Off-Chip-Komponenten) sein. Das Projekt ist eine Kombination aus Prozessordesign auf der Grundlage der Open-Source-Hardware RISC-V, Anwendungen und Systemsoftware, die mehrere Partner zusammenbringt, um bereits vorhandenes geistiges Eigentum (IP) zu nutzen und zu erweitern, kombiniert mit neuem IP, das als Bausteine für künftige HPC-Systeme sowohl für traditionelle als auch für neue Anwendungsbereiche verwendet werden kann.
eprocessor.eu/about/

VE-ASCOT - Neuartige sichere Elektronikkomponenten für die "Chain of Trust“
Ziel des Projekts ist es, eine „Chain of Trust“ (COT) Plattform zu entwickeln, die eine vertrauenswürdige Produktionskette und eine sichere Inbetriebnahme von Halbleiterkomponenten ermöglicht. Sie basiert auf einem eingebetteten Vertrauensanker (dieser schützt vor unbefugtem Zugriff und speichert vertrauliche und kryptografische Daten) und weiteren, nicht kopierbaren Identitätsmerkmalen. Die Funktionalität soll im Bereich der Medizintechnik demonstriert werden. Der Vorteil dieser COT besteht darin, dass sie jederzeit aus der Hardwarekomponente ausgelesen und vor Ort auf Echtheit überprüft werden kann. Sie kann in allen kritischen Infrastrukturen, z. B. in hochautomatisierten Prozessen der Industrie 4.0 oder in der Verkehrstechnik eingesetzt werden. Damit könnte das Projekt wesentlich zur technologischen Souveränität Deutschlands beitragen.
www.elektronikforschung.de/projekte/ve-ascot

Maschinelles Lernen für die Produktion und deren Produkte (ML4Pro2)
Ziel des Projekts ist es, ML für intelligente Produkte und Produktionsverfahren verfügbar zu machen. Dazu sollen neueste ML-Methoden in Produkte und Produktionsketten integriert werden. Darüber hinaus geht es um die Schärfung des Bewusstseins der Unternehmen, ML für agile Geschäftsmodelle zu nutzen. Schwerpunktthemen sind hybride Lernverfahren, die Integration von Expertenwissen, die Interpretierbarkeit von Daten, das Lernen auf Datenströmen sowie Cognitive-Edge-Computing. Die ML-Methoden werden anwendungsübergreifend anhand von drei industriellen Anwendungsfällen betrachtet: Zustandsüberwachung, Prozessoptimierung und Verbesserung der Produktqualität. Ergebnisse und Verfahren werden auf einer ML-Plattform für andere Unternehmen verfügbar gemacht. Diese Plattform umfasst beispielsweise Referenzimplementierungen, Methoden zur Datenvorverarbeitung und Datenvisualisierung sowie Anwendungswissen über typische Abläufe beim Einsatz der ML-Methoden.

I4.0AutoServ - Automatisiert Maschinendaten erheben und aufbereiten
Das Erheben und Aufbereiten von Maschinen- und Produktionsdaten wird für Unternehmen immer bedeutender. Denn durch die Aufbereitung von Daten bekommen sie die Möglichkeit, Wartungs- und individuelle Serviceangebote abzuleiten. Somit kann ein Maschinenbau-Unternehmen nicht nur seine Maschine bereitstellen, sondern beispielsweise auch einen Service anbieten, der die Maschine mit Hilfe von Daten für seine Kund:innen individuell konfiguriert. Für das Sammeln, Analysieren und Aufbereiten der Daten sind IT-Plattformen notwendig. Diese müssen auf einzelne Maschinen oder Komponenten zugeschnitten werden. Das allerdings stellt vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aufgrund der hohen Komplexität und des benötigten Fachwissens vor eine große Hürde. Ziel des Projektes ‚Industrie-4.0-Ökosystem für den automatisierten Einsatz von datengetriebenen Services (I4.0AutoServ)‘ ist daher die vollständige Automatisierung dieser Schritte. Diese sollen in einem entwickelten Industrie-4.0-Ökosystem bereitgestellt werden. Das Ökosystem hat den Vorteil, dass Unternehmen dadurch die Möglichkeit haben, datengetriebene Services für ihre Produkte oder Produktionen eigenständig zu entwerfen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Da die Unternehmen sich keine Gedanken um den technologischen Rahmen machen müssen, können auch kleine und mittlere Unternehmen direkt mit der Entwicklung von wertschöpfenden Services anfangen.

SiEvEI 4.0 - Sichere und intelligente Elektroniksysteme für vertrauenswürdige Elektronikprodukte in Industrie 4.0
Im Vorhaben sollen innovative Sensorsysteme – sogenannte „Secure Smart Items“ (SSI) – in einen elektrischen Schaltungsträger eingebettet werden, um den Zustand von Baugruppen im industriellen Umfeld zu überwachen. Die SSI werden mit einem Zertifikatspeicher und einem neu entwickelten, leistungsfähigen Edge Computing Module (ECM) ausgestattet, um vertrauenswürdige Rechen- und Steueroperationen lokal auszuführen. Ebenfalls soll eine KI entwickelt und in die SSI integriert werden, um verschiedene Umwelt- und Fertigungsdaten zu erfassen und zu analysieren. Zur Unterstützung der SSI-Infrastruktur werden neue 3D-Systemplanungstools und Modelle erforscht und bereitgestellt. Sicherheit und Zuverlässigkeit des Systems werden durch einen integralen Ansatz mit Hardware-Software-Co-Design gewährleistet, um Angriffe auf das SSI zu erschweren. Durch den Einsatz von SSI lassen sich sicherheitsrelevante und vertrauenswürdige elektronische Baugruppen, etwa für die Energieversorgung oder Industrie 4.0, realisieren. Über den Zugriffsspeicher kann die gesamte Wertschöpfungskette gegen Angriffe von Dritten abgesichert werden. Außerdem erfassen die SSI eine Vielzahl von Umwelt- und Fertigungsdaten, die durch eine KI-basierte Auswertung genutzt werden können.
www.elektronikforschung.de/projekte/sievei-4.0

Im Anschluss an die Projektvorstellung fand eine Besichtigung praktischer Demonstratoren statt.

RECS "Cloud to Edge" Hardware Plattform
Demostration der an der Arbeitsgruppe entwickelten Serverplattform, die austauschbare Computer-On-Module Microserver nutzt, um beschleunigtes und energieeffizientes Computing in kompakten Servergehäusen zu ermöglichen. Durch die Austauschbarkeit kann eine Serverplattform über mehrere Technologiegenerationen (~10 Jahre anstatt 3 Jahre) betrieben werden und eine hohe Nachhaltigkeit sowie niedrige Betriebskosten (TCO) erzielen. 

AMiRo
Der AMiRo ist ein modularer Miniroboter, wessen Software und Hardware leicht erweitert werden kann. Seine Sensoren und Aktorsteuerung ermöglichen ein umfassendes autonomes Verhalten.

SmartMirror, Referent: M.Sc. Michael Adams 
Der in der AG KS entwickelte SmartMirror dient als Demonstrationsplattform für ML-Anwendungen und als Demonstrator für Energieeffizienz in der Domäne des Maschinellen Lernens.

BI-Vital Körpersensor
Der BI-Vital Körpersensor ist ein in der AG KS entwickelter Sensorknoten zur Erfassung vieler Vital- und Belastungsparameter. Neben den üblichen Daten eines Körpersensors (Herzrate, Beschleunigung) liefert der BI-Vital ein Einkanal-EKG, Bewegungsdaten, Luftdruck, Hautleitwert sowie Umgebungslautstärke. Damit kann der BI-Vital sowohl beim Sport als auch zur Belastungserfassung in der Arbeitswelt eingesetzt werden.

CITrack markerloses Tracking, Referent: M.Sc. Michael Adams 
Neben hochgenauem Marker-Tracking erlaubt das CITrack das kamerabasierte, markerlose Tracking von mehreren Objekten auf Basis tiefer neuronaler Netze. Die Kombination mit der Echtzeit-Lokalisierung basierend auf Ultraweitband-Funk ermöglicht ein autonomes Verfolgen mehrerer Objekte und eine eindeutige Zuordnung durch die Fusion der Sensordaten.

Über das Elektronikforum OWL:
Um Akteure aus Industrie, Forschung und Wissenschaft besser miteinander zu vernetzen, startete InnoZent OWL am 08. Mai 2018 das Elektronikforum OWL. Es bietet eine Plattform für eine feste Gruppe, die sich 3-4 mal pro Jahr zu den folgenden Punkten austauscht: Sichtung und Bewertung von neuen Trends und Entwicklungen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen, Potentiale und Anforderungen neuer Anwendungsfelder (Gesundheit, Prozessindustrie, Logistik, Handel etc.), Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie neuer Geschäftsmodelle, Förderung und Ausbau der Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen und den Austausch untereinander.

Das Elektronikforum OWL ist Bestandteil von CirQuality OWL und wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie vom Land NRW gefördert. Die Teilnahme ist kostenfrei.