14. Elektronikforum OWL
Elektronikreparatur: Ein erfolgreiches Geschäftsmodell in der Circular Economy
Gastgeber des 14. Treffens des Elektronikforums OWL am 14. September 2022 waren Volker Ostermann, Thorsten Krüger und Karsten Baum von der CTDI Schloss Holte GmbH in Schloß Holte-Stukenbrock. CTDI ist ein weltweites Full-Service-Unternehmen für Engineering, Repair & Logistik, gegründet vor mehr als 45 Jahren in der Garage der Familie Parsons in den USA. Mittlerweile hat das Unternehmen mehr als 20.000 Beschäftigte an über 100 Standorten weltweit, darunter 6 Standorte in Deutschland. Der Standort Schloß Holte-Stukenbrock existiert seit 1988 und beschäftigt 140 Mitarbeiter.
Schwerpunktmäßig wird sich hier um Reparatur- und Dienstleistungen, Ersatzteilmanagement, Logistiklösungen sowie die Bereitstellung aller Daten und kundenspezifischer Reports gekümmert – insbesondere für Geldautomaten und Kassensysteme, den Multi-Vendor-Einzelhandel und die Ticketing Hardware, Medizintechnik sowie Mobilitätslösungen.
Im Rahmen der globalen CTDI Strategie Planet Protect hat sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, den CO2 Fußabdruck zu reduzieren, die Circular Economy zu fördern und zu einer nachhaltigen Zukunft beizutragen. Vor diesem Hintergrund werden vor allem die Chancen einer Circular Economy gesehen. Neben der Ressourcenschonung ermöglicht die Kreislaufwirtschaft wichtige Voraussetzungen für Verfügbarkeit und Preisstabilität von Rohstoffen, Materialien und Energie und führt zu einer gleichzeitigen Kostenreduktion. Sie hat das Potenzial zu soliden Margen und bietet Differenzierungspotential zum Wettbewerb. Auch die notwendigen Dienstleister sind mittlerweile am Markt etabliert.
Bemerkenswert ist dieser Ansatz in einer Branche, in der die Kreislaufwirtschaft bislang eher noch nicht verbreitet ist. Elektronik ist oft nur ein Wegwerfartikel. Geringe Produktionskosten in Asien oder anderen Billiglohn-Regionen ergeben oft keinen Handlungsdruck. Servicekonzepte und Materialkreisläufe sind häufig nicht vorhanden. Dabei besteht ein großer Handlungsbedarf! Elektro- und Elektronikschrott ist der am schnellsten wachsende Abfallstrom in der Welt, der häufig auf Müllkippen in Afrika und Asien landet und dort zu massiven Umweltbelastungen führt. Gleichzeitig werden die Begrenzung von Rohstoffen und die Störungen von Lieferketten für Unternehmen immer spürbarer. Dies führt mittlerweile zu einer veränderten Kostenbetrachtung im gesamten Lebenszyklus der Produkte.
CTDI entwickelt zusammen mit seinen Kunden Service- und Logistiklösungen. Im Mittelpunkt steht hierbei die Verlängerung der Lebensdauer durch eine Reparatur oder Aufarbeitung. Im Rahmen von gemeinsam definierten präventiven Maßnahmen lassen sich Betriebszeiten und Wartungszyklen darüber hinaus noch weiter verlängern. Auch durch kosmetische Arbeiten lassen sich Materialressourcen schonen (reinigen, spachteln, lackieren). Definierte End-Tests und Parameter garantieren die erforderliche Qualität. Ziel ist das Erreichen von Fertigungsstandards mit der entsprechenden Rechtssicherheit. Der Austausch der technischen Qualitätsdaten erfolgt gemäß IRIS (International Repair Information System).
So werden am Standort Schloß Holte Stukenbrock 125.000 Service- und Reparaturevents pro Jahr durchgeführt. Die Erfolgsquote der Reparaturen liegt bei 95%. Die Repeated Return Rate liegt unter 3%. Die Recyclingquote bei der Entsorgung von Komponenten liegt über 90% und erfolgt in Zusammenarbeit mit zertifizierten Entsorgern.
Ein weiterer Baustein ist das Angebot "Reparatur in Kombination mit Ersatzteilbevorratung". Die Ersatzteilbevorratung über einen langen Zeitraum birgt viele Risiken, häufig sind zu viele oder zu wenig Ersatzteile eingelagert. In Kombination mit einem Reparaturprozess lässt sich das Risiko und die Kapitalbindung vom ersten Tag an minimieren. Eine Reduktion auf 20% des geplanten Ersatzteilbestands stellt sicher, dass nicht reparable Baugruppen ausgetauscht werden können. Zum Ende des Lebenszyklus kann auf die Reparatur komplett verzichtet werden und die defekten Ersatzteile werden gegen den restlichen Lagerbestand ausgetauscht. Falls notwendig kann ein Refresh der Lagerbestände durchgeführt werden, um die Lagerfähigkeit zu verlängern.
Karsten Baum stellte insbesondere noch einmal die Anforderungen für eine Circular Economy im Elektronikbereich dar:
Anforderungen an ein Produkt
- Generelles Design zur Reparaturfähigkeit
- Transportabel und falls nötig vom Kunden/Techniker demontierbar
- Einfache Demontage zur Entsorgung (Lithium Batterien)
Anforderungen an die Prozesse
- Definition des generellen Konzeptes (Depots, …)
- Materialkreislauf muss systemtechnisch vorbereitet sein
- Transport- und Verpackungslösungen müssen definiert sein
Anforderungen an einen Markt
- Detailliertes Marketingkonzept zur Kreislaufwirtschaft
- Nachvollziehbares und attraktives Preiskonzept
- Chance für neue Konzepte (z.B. Leasing)
- Berücksichtigung rechtliche Rahmenbedingungen
- Genaue Analyse bei weltweitem Einsatz (Import / Export)
Abschließend resümierte er noch einmal die Vorteile einer Circular Economy für CTDI. Die Kreislaufwirtschaft ist im Bereich Elektronik von besonderer Bedeutung und noch signifikant ausbaubar. Kunden erwarten immer häufiger nachhaltige Prozesse und lassen sich dafür begeistern. Neue Prozesse und Services bieten Chancen und Produkt, Markt und Marge können dadurch gestärkt werden.
Das 15. Treffen findet am Do, 26. Januar 2023 im IoT Xperience Center von Fraunhofer IEM in Paderborn statt.
Über das Elektronikforum OWL
Um Akteure aus Industrie, Forschung und Wissenschaft besser miteinander zu vernetzen, startete InnoZent OWL im Mai 2018 das Elektronikforum OWL Es bietet eine Plattform für eine Gruppe, die sich ca. 3mal pro Jahr zu den folgenden Punkten austauscht: Sichtung und Bewertung von neuen Trends und Entwicklungen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen, u.a. hinsichtlich einer Circular Economy; Potentiale und Anforderungen neuer Anwendungsfelder (Gesundheit, Prozessindustrie, Logistik, Handel etc.); Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sowie neuer Geschäftsmodelle; Förderung und Ausbau der Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen; Austausch untereinander.
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